Rasant und vielseitig: Corsair 760

Nach wie vor haben es Mehrrümpfer schwer in Deutschland. Doch dank neuer Konstruktionen wächst die Fangemeinde stetig, wenn auch langsam. Die Corsair 760 könnte für neuen Schwung sorgen.

Unter den bislang in SKIPPER Bootshandel seit nunmehr einem Jahr vorgestellten Segelyachten ist die Corsair 760 ein absoluter Exot. Als Trimaran hat sie nicht nur zwei, sondern drei Rümpfe, einen Mittelrumpf und zu jeder Seite vorn und achtern mit Holmen verbunden einen Ausleger. Der Mittelrumpf mit richtigem Cockpit, Pinne, Ruder und Großschottraveller sowie den Fockschotwinschen auf dem Kajütdach vermittelt das Gefühl, auf einem richtigen kleinen Segelboot zu sein. Nur eines fehlt – die Krängung. Ganz gleich, ob man sich auf den Auslegerrümpfen bewegt, oder auf dem schmalen Seitendeck des Mittelrumpfes, der Trimaran neigt sich so gut wie nicht zur Seite. Damit kommt er dem Einsteiger in die Mehrrumpfszene ebenso entgegen wie Frauen, denen oftmals die ständig wechselnde Schräglage die Lust am Segeln vermiest. Gebaut wird die Corsair 760 nicht in einer der großen Segelnationen oder gar in Frankreich, dem Mutterland der heutigen Mehrrümpfer. Die hochmodernen Fertigungsanlagen von Corsair Marine stehen in Ho Chi Minh City, der Hauptstadt Vietnams.

 
Die Werft gehört seit 2010 zur Seawind Gruppe, dem größten Hersteller von Segel- und Motorcatamaranen in Australien. Beide Unternehmen zusammen haben seit dem Zusammenschluss über 2500 Mehrrümpfer ausgeliefert. Gefertigt wird nach neuesten Standards der GFK-Sandwichtechnologie unter Verwendung von Geweben aus unidirektionalen Glas-, Aramid- und Carbonfasern im Vakuum-Injektionsverfahren. Die Verarbeitung aller verwendeten Materialien ist durchweg exzellent und zeigt am Beispiel der Antirutschstruktur der Decksflächen – auf den Auslegern sogar vom Heckspiegel bis zur Bugspitze, dass hier Segelfachleute am Werk waren, und so nimmt es auch nicht wunder, dass die Werft bei jeder neuen Corsair eine großzügige Fünf-Jahres-Garantie auf die Struktur des Bootes gibt.
Gegenüber dem Vorgängermodell, der über 700 Mal gebauten Sprint 750, wurde durch konstruktive Maßnahmen das Volumen, vor allem im Mittelrumpf und in der Hecksektion sowie dem Wavepiercer- Bug der Ausleger spürbar erhöht, was zu zwei positiven Effekten führte. Zum einen ist die Corsair 760 unsinkbar. Der positive Auftrieb der Sandwichkonstruktion hält das Boot einschließlich der Crew selbst bei bis zum Rand vollgelaufenen Rümpfen über Wasser. Zum anderen konnte das aufrichtende Moment um 15% gesteigert und die Krängung um 2,5 Grad bei gleicher Windstärke verringert werden. So ist die Krängung auf etwa 15 Grad beschränkt, was sich auf dem breiten Deck und den Trampolinen jedoch eher wie geringe 5 Grad anfühlt.

 
Der von der Werft als »pocket Cruiser«- bezeichnete kleine Seekreuzer bietet als Daysailer im Cockpit und auf den Trampolinen bis hin zu den Auslegern reichlich Platz für mehrere Mitsegler. Der sich vor dem Cockpit über dem Mittelrumpf erhebende Aufbau weist in der hellen Kajüte darunter eine Ausstattung auf, die weit über die eines reinen Daysailors hinausgeht und die mit den farblich aufeinander abgestimmten, soften Materialien zum längeren Verweilen einlädt. Auf den ersten Blick bietet sie Schlafplatz für vier Personen, doch auf der Polsterliege in der Bugsektion dürfte es für zwei kräftige Erwachsene recht eng werden. Aber das ist manchmal nur eine Frage der Gewöhnung.

 
Dagegen reichen die Polster neben dem Hubschwertkasten mit je 60 cm zum Liegen völlig aus und die nur 45 cm Breite bis zum Kajüteingang genügen zum Sitzen. Die am Schwertkasten einhängbare Tischplatte mutiert tiefer gelegt und mit einem Polster belegt zur Verbreiterung der Liegefläche. Mit Hilfe einer cleveren Schiebemechanik lässt sich das bis fast zum Mast reichende Hubdach anheben, das schafft Kopffreiheit beim aufrechten Sitzen und mehr Bewegungsfreiheit in der Kajüte. Mit derartigen Hubdächern sind mit dem Beginn des GFK-Bootsbaus schon Generationen von Seglern groß geworden und bei kleinen Kajütkreuzern finden sie sich auch heute noch.

 
Auch die übrige Ausstattung entspricht heutigen Standards. Die an Backbord unter der Cockpitbank seesicher verstaute Pantrybox mit Spülbecken und Einflammenkocher lässt sich vorziehen und nach Gebrauch wieder zurückschieben und ein Teil der Liegefläche vor dem Mast kann mittels eines Scharnieres hochgehoben werden, so dass dort ein Porta Potty seinen Platz findet. Selbst eine Dusche ist optional erhältlich. Längeren Tages- und Wochenendausflügen steht also nichts im Weg. Darüberhinaus zeichnet sich die Corsair 760 dank weiterer, kleiner wie großer Details durch eine große Vielseitigkeit und die damit mögliche clevere Nutzung von Raum und Zeit aus. Hubschwert und Steckruder in Verbindung mit den soliden Unterböden der Rümpfe und dem geringen Tiefgang machen den Tri strandtauglich. Schwert und Ruder hoch und einfach auf den Strand segeln oder motoren, dann dort den Anker werfen und es sich am Strand gemütlich machen – das geht auch an den deutschen Küsten, zumindest dort, wo keine Badezonen abgeteilt sind. Alles, was zu einem entspannten Strandleben benötigt wird, ist ja an Bord unmittelbar dabei.
 
Damit kommen wir zum Herzstück der Corsair 760, der patentierten, robusten und äußerst solide ausgeführten Klappmechanik, mit deren Hilfe die Gesamtbreite um mehr als die Hälfte auf genau 2,50 m reduziert werden kann. Ob im Wasser oder an Land, mit etwas Training ist jeder Skipper in der Lage, das Boot zusammen- oder auseinander zu klappen. Wird er von der Crew unterstützt, geht alles sogar noch schneller und einfacher. Dabei muss der Mast nicht gelegt werden. Mit den an den Mittelrumpf geklappten und mit Spezialschrauben gesicherten Auslegern passt der Trimaran in die an Nord- und Ostsee gängigen, von Pfählen markierten Boxen. Auch im Winterlager nimmt er damit weniger Platz ein. Das bedeutet in beiden Fällen eine nicht unbeträchtliche, dauerhafte Kostenersparnis. Auch das Mastlegen bereitet wenig Mühe, wie verschiedene Testbericht zeigen…
 

Technische Daten

LOA: 7,39 m
LWL: 7,19 m
Breite: 5,46 m
Breite zus. geklappt: 2,50 m
Tiefgang Rumpf: 0,30 m
Tiefgang: 1,60 m, Schwert unten
Verdrängung: 899 kg
Mast Länge: 10,53 m
Segel: Doyle Sailmakers
Fock: 13,30 m2
Screacher: 24,33 m2
Spinnaker: 57,65 m2
Groß: 24,87 m2
Motor: max. 8 PS Außenborder
CE Zertifikat: C
Baujahr: 2017
Konstruktion: François Perus Yachtdesign
Preis: rund 90.000,0

Text: Jochen Halbe

Der Artikel ist aus SKIPPER Bootshandel. Den kompletten Text lesen Sie in Ausgabe 10/2017!