Lago Maggiore – Pizza, Pasta und Paläste

Lago Maggiore … schon der Name zerfloss Erhards Wirtschaftswunderkindern wie Eisschmelz auf der Zunge. Wer konnte, packte seine Liebsten in den Brezelkäfer und gondelte mit ihnen im Sommer nach Bella Italia. Doch nicht selten endete die Fahrt schon damals im Stau. »Willst du schnell und sicher reisen«, warb die Deutsche Bundesbahn für ihren jüngsten Spross, den Autoreisezug, »nimm die Bahn aus Eisen.« Auch meine Eltern stiegen vom Asphalt auf die Schiene um. Entspannt schlummerten sie in den rollenden Hotelbetten ihrem ersten Urlaubstag entgegen. Und so machen wir es jetzt – Nostalgie, ich hör dir trapsen – auf unserer Reise ins automobile Traumziel der 1950er auch!

Entspannte Anreise

Samstag, 7 Uhr: Ein DB-Mitarbeiter klopft an unsere Abteiltür, kredenzt Kaffee und Croissants, wir gönnen uns noch schnell eine Dusche, dann heißt es auch schon aussteigen, den Kombi vom Huckepackwaggon holen und ab durch die Weinberge des Piemont Richtung Schweiz. Nach 150 Kilometern staufreier (!) Autobahn und kurvenreicher Uferstraße sind wir am Ziel. »Guten Morgen«, begrüßt uns am Eingang des Yachtsport Resorts ein zwirbelbärtiger Zeitgenosse, »wie wär’s mit einem zweiten Frühstück?« Das klingt gut … wushhh, ist das Gepäck auf dem Zimmer und wir sitzen auf der Terrasse des schicken Wassersporthotels. Links über die blaue Weite des Lago, dort wo der wattebauschgetupfte Himmel in die ultrablauen Wogen taucht, ergehen sich die Städtchen Ascona und Locarno in mediterraner Beschaulichkeit. Rechts hinter der Palmenparade am Ufer klettert das Örtchen Brissago die steilen Flanken der Tessiner Berge herauf. Dazwischen – also direkt unter uns am Bootssteg des Hotels – liegt das Objekt der Begierde, der Erfüllungsgehilfe unserer navigablen Sehnsüchte, eine 23 Jahre alte Boesch 850 Runabout. »Mit zwei Big Blocks aus dem Hause Chevrolet «, schmunzelt der Zwirbelbart und stellt sich als Hans-Peter vor. »Sagt einfach Hampi zu mir«, augenzwinkert er, »so nennen mich meine Freunde. Okay?« Gut, die Sache mit dem Namen ist geklärt, die Boesch-Törns für die nächsten Tage auch, wir lassen uns noch die Köstlichkeiten der Küche – ein Mix aus italo-helvetischen Leckereien – munden und steigen dann ins Boot. Hampi dreht den Zündschlüssel, die beiden V8 setzen sich mit der Bassgewalt eines russischorthodoxen Kirchenchors in Szene, wieseln über den Lago und erreichen ein paar Zündtakte später die Brissago-Inseln. Mitte der 1880er hatte eine gewisse Baronesse Antoinette de Saint-Léger die beiden Seesprossen erworben, die größere, die Isola Grande, mit über 1500 Gewächsarten aus aller Herren Länder voll gepflanzt und das florale Ensemble mit einer schlossartigen Villa als statusgerechtes Domizil gekürt. Vier Jahrzehnte fröhnte sie dem Dolce Vita, feierte rauschende Feste, lud Dichter und Lebemänner ein und sorgte mit ihrem sittenlosen Treiben für Empörung in den katholischen Dörfern am See. Irgendwann war das Vermögen (ihres Mannes!) verbraucht. Der Baroness blieb nichts, als ihr knapp 7 ha »großes« Inselreich zu Geld zu machen. Käufer war der Hamburger Kaufhauskönig Max Emden. Dieser nicht minder exzentrische Zeitgenosse riss die Villa ab, klotzte sich einen  neoklassizistischen Palazzo hin, baute einen Sportboothafen und widmete sich fortan der Anatomie des weiblichen Geschlechts … Nach eingehender Würdigung der Gartenpracht und einem fulminanten Tanz über die Wellen setzt uns Hampi im Hafen von Locarno ab. »Zur Piazza Grande«, sagt er und deutet auf die kanarienvogelgelbe Wallfahrtskirche Madonna del Sasso hoch oben auf einem Felsriff, »geht’s Richtung Kirche. Viel Spaß auf der Piazza!« Dort angekommen, präsentiert sich das arkadengesäumte Herz des 15000-Seelenstädtchens als internationale Filmfestival-Bühne. Wir kaufen uns zwei Eintrittskarten und tauchen mit »Bonjour Tristesse« in die Goldenen Zeiten des klassischen Hollywoodkinos ein. 1990, also rund 30 Jahre nach »Bonjour Tristesse«, griff der französische Regisseur Jean-Luc Godard das Thema auf und produzierte mit »Nouvelle Vague« eine nicht minder schräge Lovestory. Hauptdarsteller seiner bunt zusammen gewürfelten Text- und Bildcollagen – für Kritiker eine Attacke auf das abendländische Denken – war … Alain Delon. Der erhebt sich jetzt unter dem tosenden Beifall von – geschätzt – 7000 Zuschauern, schreitet zur Bühne und nimmt den Pardo d’oro, den Goldenen Leoparden, als Ehrung für sein schauspielerisches Lebenswerk in Empfang.

Den ganzen Bericht lesen Sie in Skipper 09/2013

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