ADAC Powerboat School Lehrgang

Mit Vollgas ins Abenteuer

SKIPPER wagt den Selbstversuch: Nach seinem Turtle-Test drückt Autor Christopher Stützel die ADAC Powerboat-Schulbank und erliegt dem Geschwindigkeitsrausch.

Warum sich Artisten in Kanonen setzen, könnte sich durch den resultierenden Adrenalinschub, dem wir in unserer modernen, sicheren Welt kaum noch ausgesetzt sind. Ich hin zur Powerboat School 2014 angemeldet. Sie erinnern sich vielleicht an die Vorgeschichte »Turtle-Test 2014« (SKIPPER Ausgabe 05/2014; Anm. d. Red.). Am Samstagmorgen um 8:30 Uhr beginnt der Tag mit einer freundlichen Begrüßung durch die Instruktoren, allesamt Rennfahrer mit teils über 25 Jahren Erfahrung. Wohl die wenigsten wissen, dass bereits viele der erfolgreichsten Motorboot-Rennfahrer hier saßen, mehr oder weniger nervös, aber jeder von ihnen heiß auf Geschwindigkeit.

Heißer Kaffee und interessante Theorie erwarten die heutigen Teilnehmer in den ersten beiden Stunden. Satte 26 Seiten Papier liegen vor mir, dabei wollte ich doch nur Gas geben und Spaß haben … Bereits auf Seite 6 wirken die Unterlagen wie eine Ausbildung zum Jetpiloten. »Während der Fahrt bildet sich unter dem Boot, im sogenannten Kanal bzw. Tunnel, ein Luftpolster. Dadurch wird das Boot angehoben und gleitet nur noch auf dem Rumpfende über das Wasser.« Man könnte auch sagen: Strömungs-Effekt nach Bernoulli und Venturi, doch ganz so weit reicht die Theorie dann doch nicht. Kleine Motorenkunde, Zweitakt 40 PS. Bei einem Gesamtgewicht des Bootes von 180 kg und in Anbetracht der vermeintlich schmalen Leistung wird mir klar, warum mir empfohlen wurde, selbst nicht mehr als 80 kg auf die Waage zu bringen. Schließlich soll mich das ehemalige Formel-ADAC-Boot noch tragen und in einen Geschwindigkeitsrausch versetzen. Im Verlauf der Theorie wird auch der Rennanzug, bestehend aus schnittfestem Kevlar, überdimensionierter Schwimmweste und natürlich Helm, vorgestellt. Langsam werde ich nervös, mein Knie zittert ein wenig. Weitere Sicherheitshinweise über den Moolgaard-Katamaran lese ich wie in Trance. Flaggensignale kennt eigentlich jeder, der sich mit Motorsport befasst, doch für die ganz Nervösen bleibt es heute simpel: Es gibt nur Rot für »Stopp, Training vorbei!«. Bei der Erklärung der Bedienelemente kehrt meine Aufmerksamkeit zurück: Am Lenkrad befinden sich drei Schalter, alle fürs Trimmen. Auch der linke Fuß ist dafür reserviert, rechts wird Gas gegeben. Dann ist da noch eine Trimm-Anzeige. Vor der Kurve soll angetrimmt werden, beim Verlassen abgetrimmt. Erst im Scheitelpunkt beschleunigen. Auch bei Wind muss getrimmt werden, je nach Richtung ab oder an. Lenken nicht vergessen! Ich muss gestehen, dass ich keine Sportskanone bin und Rennsport sich bei mir bis dato eher vor der Play-Station abgespielt hat. Eine freundliche junge Dame neben mir, die bereits über vier Jahre Erfahrung mitbringt, sieht mir meine Ratlosigkeit an. »Keine Sorge, in meinen ersten beiden Rennen hab ich nur zwei Mal durch falsches Trimmen das Boot auf die Seite gelegt«, lächelt Annebel. Bilder meines Turtle-Tests kommen wieder hoch, denn »auf die Seite« heißt beim Bootfahren »kopfüber«. Adrenalin macht sich breit. Leider nicht das gute, berauschende, sondern das von vor drei Wochen – das kopfüber Tauchen und ich werden einfach keine Freunde.

Weitere Zeit zum Nachdenken bleibt nicht. »Noch Fragen? Dann kann‘s ja losgehen, umziehen!« Um mich herum springen die angehenden Hagins und Saueressigs auf, erstmal runter zu den bereits ins Wasser gelassenen Katamaranen am Dürener See. Auf dem Weg witzeln wir über die 40 PS. Dass die F4S Klasse mit »nur 20 PS mehr« an den Start geht, ist uns nicht bewusst. Hämisch merke ich an, dass mein erstes Auto 75 PS hatte. Damals glaubte ich noch, dass diese sportlich fahrbar seien. Der Rennanzug passt jedenfalls gut, der Helm ist wie für mich gemacht. Zusammen mit der Schwimmweste fühle ich mich ein wenig wie Maverick aus »Top Gun«. Elegant und leichtfüßig wie ein Wal gleite ich ins Cockpit, es ist echt eng in so einem Rennboot. Steffen schließt meinen Kopfhörer an, Mikros haben wir nicht. »Damit du machst, was wir dir sagen, und nicht das Diskutieren anfängst«, scherzt er über Funk und erklärt mir nochmals alle Instrumente im Cockpit. Einen Teil kann ich erstmal unbeachtet lassen, die ersten Runden fahren wir mit komplett angetrimmtem Motor, um erst das Boot, den Motor sowie dessen Ansprechverhalten kennenzulernen. Damit meint der Profi die Zeit zwischen Betätigung des Gaspedals und der Leistungsabgabe vom Motor an die Schraube respektive den Katamaran. Steffen rät am Steg noch kurz »Vollgas geben beim Starten des Motors«. »Ah, ein Vergaser« antworte ich, werde mit großen Augen angesehen und bekomme zu hören »Du gehörst auch schon zur älteren Generation«. Deshalb habe ich wohl kein Mikro … Nach einem kurzen Klackern heult der Motor auf und mein Blick wandert gen Himmel. In meinem Kopf gibt Kenny Loggins meinen Lieblingssong zum Besten: »Listen to her howlin‘ roar; Metal under tension, beggin‘ you to touch and go …« – der Song »Danger Zone« stammt aus dem 80er-Jahre-Film »Top Gun«. Gut möglich, dass ich älter werde.

 

Den ganzen Artikel lesen Sie in SKIPPER 06/2014
Text & Fotos: Christopher Stützel

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